IQS-Ranking 2025 Weckruf

US-Qualitätsranking mit IQS – Deutsche Premiumhersteller im Sinkflug

Jedes Jahr blickt die weltweite Automobilindustrie gespannt auf das Ergebnis der J.D. Power Initial Quality Study (IQS). Das renommierte US-Ranking misst, wie viele Probleme Neuwagenbesitzer in den ersten 90 Tagen nach dem Kauf ihrer Fahrzeuge erleben.

Die Zahl der festgestellten Mängel pro 100 Fahrzeuge (Problems per 100 Vehicles, kurz PP100) gibt Aufschluss über die anfängliche Qualität und damit auch über die Kundenzufriedenheit – ein entscheidender Faktor, vor allem auf dem umkämpften US-Markt.

Das IQS 2025 liefert ein für deutsche Premiumhersteller ernüchterndes Bild: Audi fällt auf den letzten Platz, auch Mercedes-Benz und Volkswagen schneiden deutlich unterdurchschnittlich ab. Lediglich Porsche schafft es, mit seinem Sportwagenklassiker 911 ein positives Ausrufezeichen zu setzen. Die Ergebnisse werfen grundsätzliche Fragen über die Qualitätsstrategie deutscher Autobauer auf – und zeigen, wie stark Markenimage und tatsächliche Produktqualität mittlerweile auseinanderdriften können.

Die Ergebnisse des IQS 2025 im Überblick

Laut der aktuellen Studie, die auf mehr als 100.000 Kundenrückmeldungen aus den USA basiert, liegt der durchschnittliche Mängelwert aller Hersteller bei 192 PP100. Das Premiumsegment, das traditionell komplexere Technologien bietet, schneidet mit 203 PP100 etwas schlechter ab – aber immerhin besser als im Vorjahr (230 PP100).

Hauptproblemzone bleibt das Infotainment. Im Durchschnitt wurden hier 42,6 Probleme pro 100 Fahrzeuge gemeldet. Sprachassistenten, Touchscreen-Bedienungen, Navigationssysteme und Bluetooth-Konnektivität sorgen weiterhin für Unmut bei Neuwagenbesitzern. Die Kombination aus Softwarefehlern, Usability-Problemen und inkonsistenter Nutzererfahrung scheint viele Käufer zu überfordern.

Deutsche Hersteller unter Druck

Audi – Vom Premiumversprechen zur Problemmarke

Der größte Verlierer im Ranking ist Audi. Mit 269 PP100 belegt die VW-Tochter den letzten Platz von 31 bewerteten Marken. Laut t-online.de klagen Kunden über eine Vielzahl von Mängeln – von unzuverlässigen Assistenzsystemen bis zu schlecht funktionierenden Touchdisplays.

Ein Audi-Besitzer wird in der Studie zitiert: „Ich habe mich für einen Audi entschieden, weil ich deutsche Ingenieurskunst erwartet habe. Stattdessen kämpfe ich seit dem ersten Tag mit Softwareabstürzen und schlechter Navigation.“ Auch mehrere Rückrufe in den letzten Monaten – etwa wegen fehlerhafter Steuergeräte – trugen zum Vertrauensverlust bei.

Volkswagen und Mercedes ebenfalls enttäuschend

Auch der Mutterkonzern Volkswagen befindet sich im Sinkflug. Mit 225 PP100 landet VW auf dem viertletzten Platz. Besonders die Plug-in-Hybride und ID-Modelle stehen in der Kritik. Nutzer berichten von Ladeproblemen, Softwarehänger und unübersichtlicher Menüführung.

Mercedes-Benz schneidet mit 210 PP100 zwar etwas besser ab, liegt aber ebenfalls unter dem Branchendurchschnitt. Besonders die neueren Modelle mit dem MBUX-System – einem interaktiven Infotainmentsystem mit Sprachsteuerung – wurden häufig negativ bewertet. Ein Mercedes-Kunde beschreibt seine Erfahrung so: „Wenn ich meinem Auto sage, es soll mich nach Hause navigieren, öffnet es Spotify. Das ist kein Fortschritt, das ist Frust.

BMW – Solide, aber unter Erwartungen

Mit 196 PP100 liegt BMW etwas unter dem Gesamtwert aller Hersteller, aber noch innerhalb des Premiumsegments akzeptabel. Dennoch: Auch hier zeigt sich das Dilemma zwischen Technologieanspruch und Bedienerfreundlichkeit. „Mein iDrive-System hat riesige Möglichkeiten – aber ich brauche fast ein Studium, um es zu verstehen“, so ein BMW-Fahrer aus Kalifornien.

Porsche als Ausnahmeerscheinung

Einzig Porsche bricht aus dem Negativtrend deutscher Hersteller aus. Zwar liegt die Marke mit 188 PP100 auch knapp unter dem Durchschnitt, doch das Modell Porsche 911 erzielt mit nur 116 Problemen pro 100 Fahrzeuge den mit Abstand besten Einzelwert aller getesteten Fahrzeuge.

Der 911 ist ein Meisterwerk in Sachen Qualität und Verarbeitung“, lobt ein US-Händler, der seit 25 Jahren Porsche vertreibt. Die Stabilität des Modells – auch dank bewährter Technik – macht sich bezahlt. Es scheint, als sei weniger technischer Firlefanz manchmal mehr.

Asiatische Hersteller dominieren

Deutsche Marken verlieren nicht nur intern, sondern auch im Vergleich mit der internationalen Konkurrenz an Boden. Lexus, die Premiummarke von Toyota, führt das Ranking mit 166 PP100 deutlich an. Auch Marken wie Nissan (170), Hyundai (172), Kia (175) und Genesis (179) schneiden hervorragend ab.

Bemerkenswert ist auch die Leistung klassischer US-Marken: Buick (174 PP100) und Chevrolet (185 PP100) liegen weit vor ihren deutschen Konkurrenten. Während diese mit Innovationswut kämpfen, punkten die anderen mit verlässlicher Grundqualität.

Die Ursachen für den Qualitätsabsturz

Ein zentrales Problem bleibt die komplexe Elektronik. Je mehr Sensoren, Kameras, Touchscreens und Assistenzsysteme eingebaut werden, desto größer das Fehlerpotenzial. Die Usability leidet ebenfalls. Kunden berichten, dass Funktionen unnötig verschachtelt sind und einfache Bedienvorgänge – wie die Einstellung der Klimaanlage – zur Herausforderung werden.

Zudem sind besonders Plug-in-Hybride laut Studie stark betroffen. Die dualen Systeme aus Verbrennungs- und Elektromotoren erhöhen die Fehleranfälligkeit. Hinzu kommt eine oft mangelhafte Ladeinfrastruktur, die zwar nicht in der Zuständigkeit der Hersteller liegt, aber dennoch das Nutzererlebnis beeinflusst.

Analyse: Technikfaszination kontra Zuverlässigkeit

Das Ergebnis legt ein paradoxes Muster offen: Je mehr Technik ein Auto besitzt, desto wahrscheinlicher treten Mängel auf – besonders, wenn diese Technik noch jung oder unausgereift ist. Premiumhersteller laufen damit Gefahr, ihre eigenen Ansprüche zu untergraben. Das Prinzip „Technologie um jeden Preis“ führt zu Bedienungsproblemen, Softwarefehlern und letztlich zur Unzufriedenheit.

Porsche scheint einen alternativen Weg zu gehen: Konzentration auf Kernkompetenzen, konservativerer Technikeinsatz, aber höchste Präzision in der Umsetzung. Dieser Ansatz könnte zum Vorbild für andere Marken werden, wenn es um echte Qualität statt bloßen Technik-Overload geht.

Folgen für den US-Markt

Die schlechten Noten im IQS haben handfeste Konsequenzen: Der US-Markt ist für deutsche Hersteller von enormer wirtschaftlicher Bedeutung. Prestige, Marktanteile und Leasingflotten stehen auf dem Spiel. Ein Rückgang der Kundenzufriedenheit kann sich negativ auf das Markenimage und die Absatzentwicklung auswirken.

Während asiatische Marken mit Zuverlässigkeit und kundenfreundlicher Technik punkten, wirken deutsche Hersteller zunehmend wie technikverliebte Alchimisten, denen der Blick für das Wesentliche verloren gegangen ist.

Empfehlungen und Ausblick

Die Lehren aus dem IQS 2025 sind klar: Deutsche Premiumhersteller müssen zurück zur Balance aus Innovation und Qualität. Weniger kann mehr sein – insbesondere in puncto Bedienung, Softwarestabilität und Elektronikreduzierung.

Künftig sollten Software-Updates stärker genutzt werden, um bestehende Fahrzeuge nachzubessern. Gleichzeitig müssen neue Modelle intensiver getestet werden – nicht nur auf der Teststrecke, sondern im realen Alltag. Auch die Sprachassistenzsysteme und Touch-Bedienungen brauchen dringend ein praxisnahes Redesign.

Die IQS 2026 wird zeigen, ob deutsche Autobauer die Signale erkannt haben – oder ob sie weiter technologische Fassaden aufbauen, hinter denen die Qualität leidet.

Ein Weckruf?

Das IQS-Ranking 2025 ist ein Weckruf für Audi, Mercedes, VW und BMW. Besonders Audi fällt dramatisch zurück – mit fatalen Folgen für das Markenimage. Während asiatische Hersteller kontinuierlich besser werden, scheinen deutsche Premiumanbieter an der eigenen Komplexität zu scheitern. Doch das Beispiel Porsche zeigt: Qualität ist möglich – wenn man sie will.

Der Rückweg zum Kundenvertrauen führt nicht über mehr Funktionen, sondern über bessere Lösungen. Es bleibt zu hoffen, dass deutsche Ingenieurskunst künftig wieder für das steht, wofür sie einmal weltweit bewundert wurde: Verlässlichkeit, Präzision und echte Innovation.

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